Eine sehr effektive Methode, um den Schussablauf beim Bogenschießen gedanklich zu erarbeiten, ist, den Schussablauf als Vorgangsbeschreibung niederzuschreiben. Dies zwingt den Bogenschützen dazu, sich außerordentlich intensiv mit dem eigenen Schussablauf zu beschäftigen. Gerade der Einsteiger wird dabei bemerken, wie komplex der Schussablauf beim Bogenschießen ist. Dies ist Voraussetzung, um den eigenen Schussablauf zu verstehen und zu verbessern.
Schussablauf aufschreiben
Um den Schussablauf zu notieren, benötigt der Bogenschütze:
- Ruhe
- Papier und Schreibwerkzeug bzw. einen Computer
Der Bogenschütze beginnt, in seinem Kopf den Schussablauf durchzugehen und fängt von Beginn an, den Schussablauf zu beschreiben:
Beispiel für einen selbst notierten Schussablauf
Ich trete auf die Schießlinie. Meine Füße nehmen einen parallelen Stand ein und ich achte darauf, das meine Hüfte eine direkte Linie auf die Zielscheibe hat. Ich stehe gerade, die Schultern hängen nach unten und ich lehne mich leicht nach vorne. Der Rücken bleibt dabei gerade und wird nicht eingeknickt. Die Zehen krallen sich in den Boden, dann gehe ich wieder ein Stück zurück, bis die Zehen wieder entspannt sind. Mein Stand ist nun gerade, der Oberkörper ist leicht nach vorne gebeugt, auf den vorderen Fußspitzen liegen ca. 60% des Körpergewichtes. Die Knie sind fest, aber nicht durchgedrückt.
Ich atme tief durch und trete in meine eigene Welt ein. Kein Geräusch und kein Gedanke stören mich in dem nun folgenden Bewegungsablauf. Meine Augen schauen auf das Ziel und ich hebe den Bogen. Mit meinem Tab greife ich in die Sehne, ich achte dabei sehr darauf immer die gleiche Position einzunehmen und den Pfeil nicht einzuklemmen. Der Griff in die Griffschale des Bogens wird eingenommen, hierfür ziehe ich die Sehne leicht an und die Bogenhand rutscht in die Idealposition. Ich spüre den Druckpunkt des Bogens in der Handwurzel zwischen Daumen und Zeigefinger. Ich überprüfe meine Schultern, dass die Schultern noch immer unten sind………
In diesem Stil geht es nun weiter, hier wurde bislang nur der Stand beschrieben, es muss ja noch der Bogenarm gehoben werden, der Vorauszug, der Anker, das Zielen, Aufbau der Rückenspannung, das Lösen, das Nachhalten und die Analyse. Da ist für den kompletten Bewegungsablauf noch viel zu beschreiben. Für die Beschreibung des vollständigen Schussablaufs benötigt man sicherlich 2 – 3 Stunden, bis auch wirklich alle Elemente und Phasen beschrieben sind. Bogenschießen ist komplex.
Es nutzt hier auch nix, einen perfekten Bewegungsablauf zu lesen. Wenn ein Bogenschütze seine Schießtechnik entwickeln möchte, kommt er nicht umhin, den eigenen, ganz persönlichen Schussablauf detailliert zu beschreiben. Die gut beschriebenen Schussabläufe bei „Perfekt Archery“ von Kisik Lee oder einem anderen Meistertrainer darf man zwar lesen, man wird jedoch NIE einen Effekt erzielen, wie man ihn erreichen kann, indem man den eigenen Schussablauf notiert.
Im Idealfall gibt der Bogenschütze den beschriebenen Schussablauf seinem Trainer. Dieser wird ihn lesen und kann so einen Fehler im Schussablauf des Bogenschützen finden. Damit eröffnet man auch dem Trainer die Möglichkeit, einmal in die Gedanken beim Schuss zu blicken, während dem Trainer sonst nur die Informationen bleiben, die er sehen kann, oder wenn der Bogenschütze ab und zu von seinen Problemen berichtet.
Das Niederschreiben des eigenen Schussablaufs gehört zum Bereich des mentalen Trainings. Durch die intensive Beschäftigung mit dem Bewegungsablauf wird das Gehirn animiert, den Schussablauf zu wiederholen. Dies macht die Bewegungen für das Gehirn wichtig und die Bewegungsabläufe werden verinnerlicht. Das Gehirn kann die Bewegungen besser abspeichern und der Bogenschütze erhält so die Möglichkeit, den idealen Bewegungsablauf mit dem eben tatsächlich stattgefundenem Schussablauf zu vergleichen. Dies ist der erste Schritt, um auch geringfügige Abweichungen im Bewegungsablauf zu erkennen und selbst abzustellen.
Der Erfolg stellt sich schnell ein. Auch auf langen Distanzen lassen sich so gute Pfeilgruppierungen erreichen.